Der Fachverband für ambulant
begleitete Wohngemeinschaften
8. November | Aktuelles, News

WG-Fachverband fordert Soforthilfe gegen Gehaltsgefälle in der Pflege

Pflegenotstand durch Fachkräftemangel: Bundeskongress „Wohnen in Gemeinschaft“ in Berlin warnt vor Ausbluten der ambulanten Pflege durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz – SPD-Pflegebeauftragte Baehrens: Krankenkassen müssen mehr Geld für die häusliche Krankenpflege ausgeben

Benachteiligt das Pflegestärkungsgesetz die Ambulanten? Dazu diskutierten auf dem Bundeskongress „Wohnen in Gemeinschaft“ in Berlin (von links) der wig-Vorsitzende Claudius Hasenau, Kordula Schulz-Asche (MdB, Pflegepolitische Sprecherin Bündnis 90/Die Grünen), der Fachjournalist Asim Loncaric (Häusliche Pflege) und Heike Baehrens (MdB, Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion). Foto: wig Wohnen in Gemeinschaft e.V.

Berlin/Gelsenkirchen, im November 2019. Das Pflegepersonalstärkungsgesetz lässt die ambulante Pflege in Deutschland ausbluten. Immer mehr Fachkräfte wechseln in die vollstationäre Pflege ab, weil sie dort bis zu 1.000 Euro monatlich mehr verdienen können. Um dieses Gehaltsgefälle schnellstmöglich auszugleichen, fordert der Fachverband wig Wohnen in Gemeinschaft ein Sofortprogramm des Bundes zur Verbesserung der Vergütungsvereinbarungen in der ambulanten Pflege. Schützendeckung erhielt der wig-Vorsitzende durch die Pflegebeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion Heike Baehrens. Sie ruft die Gesetzlichen Krankenkassen auf, ihre Ausgaben für die Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V „um ein paar Prozentpunkte“ zu erhöhen.

„Dramatische Situationen fordern dramatische Maßnahmen“, sagte der wig-Vorsitzende und Pflegeunternehmer Claudius Hasenau aus Gelsenkirchen auf dem Bundeskongress „Wohnen in Gemeinschaft“ für Anbieter ambulant begleiteter Wohngemeinschaft Anfang November in Berlin. Gesundheitsminister Jens Spahn habe den ambulanten Diensten mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz einen „Bärendienst“ erwiesen. In Folge des Gesetzes kündigten vermehrt Mitarbeitende der ambulanten Dienste, um in Krankenhäusern und vollstationären Pflegeeinrichtungen ihrer dort besser bezahlten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Untersuchungen dokumentierten ein Gehaltsgefälle von bis zu 1.000 Euro pro Person und Monat. Diese Abwanderung führe dazu, dass Pflegedienste bestehende Pflegeverträge aufkündigen oder Patientenanfragen ablehnen müssen. Claudius Hasenau: „Was folgt, ist eine Flucht der Betroffenen in die vollstationäre Pflege oder akut ins Krankenhaus.“

Rasche Angleichung der Entlohnung
Schnelle Abhilfe könne nur eine rasche Angleichung der Entlohnung schaffen. Dazu müsse bis zum bundesweiten Abschluss einheitlicher Entlohnungsstrukturen umgehend ein pauschaler Aufschlag zu den Vergütungssätzen nach SGB V erfolgen. Dieser Aufschlag müsse getrennt nach Bundesländern zwischen 10 und 20 Prozent der aktuellen Werte liegen, so der Fachverbandsvorsitzende.

Nur 2,8 Prozent der GKV-Leistungen 2018 für ambulante Pflege
Für eine gezielte Stärkung der ambulanten Pflege und eine Erhöhung der Ausgaben für dihäusliche Krankenpflege sprach sich auf dem Kongress auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Heike Baehrens, Pflegebeauftragte der SPD-Fraktion, aus. Die ambulante Pflege sei über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt worden. Die Sozialdemokratin sieht in dieser Frage die Krankenkassen in der Pflicht. Die Gesetzlichen Krankenkassen gaben 2018 lediglich 2,8 Prozent ihrer Gesamtausgaben in Höhe von mehr als 240 Milliarden Euro für Leistungen der häuslichen Krankenpflege nach dem SGB V aus. Heike Baehrens: „Wenn die Kassen an dieser Stelle ein paar Prozente zuschlagen würden, würde es sie nicht arm machen.“