Der Fachverband für ambulant
begleitete Wohngemeinschaften
7. Oktober | News, Presse

„Berliner Erklärung“: Vollstationäre Einrichtungen als priorisiertes Versorgungsangebot nicht mehr zeitgemäß

Nach zweijähriger Corona-Pause fand die Bundeskonferenz „Wohnen in Gemeinschaft“ in Berlin wieder als Präsenzveranstaltung statt. Bereits Wochen vor dem Termin war sie ausgebucht. Ein Grund dafür war der interessante Referent*innen- und Themenmix, den der wig-Kooperationspartner „Häusliche Pflege“ als Veranstalter gemeinsam mit dem wig-Vorstand zusammenführen konnte.

Mit Spannung erwartet wurde die „Berliner Erklärung“ zu ambulant betreuten Wohngemeinschaften, die der Fachverband wig Wohnen in Gemeinschaft im Vorfeld des Kongresses erarbeitet hatte. Die darin vom wig-Vorsitzenden Claudius Hasenau und wig-Justiziar Dr. Lutz H. Michel entwickelten Forderungen stießen bei den Teilnehmenden, aber auch bei den Berufsverbänden und Kostenträgern auf reges Interesse.

Berliner Erklärung (pdf) im Wortlaut

„Vollstationäre Einrichtungen für Menschen mit Unterstützungsbedarf sind als priorisiertes Versorgungsangebot nicht mehr zeitgemäß. Diese Menschen dürfen nicht länger vorrangig in eine anstaltsmäßige Versorgung übergeleitet werden“, zitierte Claudius Hasenau aus der Berliner Erklärung. Dieses Positionspapier des Verbands wig – Wohnen in Gemeinschaft wurde erstmalig wurden von dessem Gründungsvorstand und ersten Vorsitzenden auf der Tagung präsentiert.

Beispielsweise dürfte auch der Anspruch auf Leistungen nach dem Tode des Berechtigten nicht auf stationäre Einrichtungen begrenzt werden. „Der Anspruch muss auch für ambulante Leistungsgeber und somit auch auf ambulant betreute Wohngemeinschaften (vgl. § 19 Abs. 6 SGB XII) Gültigkeit haben“, so Hasenau. Auch dürften die Anforderungen an WG-Häuser „nicht länger Einzelangelegenheiten einzelner Sachbearbeiter mit individuellen Vorstellungen“ sein.

Die Pflegereform 2021 stärke zudem die vollstationäre Langzeitpflege durch die Entlastung der Bewohner*innen. Nutzer*innen von Wohngemeinschaften hätten nach wie vor alle Kosten zu tragen. „Sie erhalten keinerlei staatliche Hilfe, obwohl die Kostensteigerungen hier gleichfalls immens sind. Hier ist eine Gleichbehandlung herzustellen“, so Hasenau. „Wir fordern von der Bundes- und der Landespolitik eine Beteiligung an dem Prozess der Pflegereform.“

Podiumsdiskussion zur „Berliner Erklärung“ mit (von links) Nadine-Michèle Szepan, Leiterin der Abteilung Pflege im AOK-Bundesverband, Moderator Lukas Sander (Häusliche Pflege) und dem wig-Gründungsvorsitzenden Claudius Hasenau. Live zugeschaltet wurde die frisch gewählte FDP-Bundestagsabgeordnete Kristine Lütke, die mit ihrer Familie in Roth/Bayern die Seniorenbetreuung und -pflege „bei St. Otto“ betreibt. (Foto: wig)